40 Tipps und Impulse: was du gegen Ängste und Panikattacken tun kannst

Ängste und Panikattacken müssen dich nicht lähmen! In diesem Artikel findest du 40 wirkungsvolle Impulse, um Ängste zu bewältigen und wieder mehr Lebensqualität zu gewinnen.

Ängste oder gar Panikattacken sind eine enorme Belastung. Alltägliches wird zur Kraftanstrengung oder führt dazu, dass du immer mehr Situationen vermeidest und dich zurückziehst. Ängste lösen sich leider nicht von alleine wieder auf, eher das Gegenteil ist der Fall. In diesem Beitrag habe ich 40 Tipps und Gedanken zusammengestellt als Inspiration, was du tun kannst, um mit Ängsten und Panikattacken besser umzugehen oder um sie schlussendlich ganz zu überwinden.

Eine persönliche Erfahrung: die Angst vor der Angst verlieren

Ich erinnere mich noch gut, dass mir vor vielen Jahren im Englisch-Unterricht beim Vorlesen die Stimme versagte. Die Angst, das könne wieder passieren hat mich lange begleitet und natürlich ist es wieder passiert.

Später war ich oft beeindruckt, wenn Menschen frei und souverän sprechen und vortragen konnten. Bei der Praxiseinweihung vor einiger Zeit war es dann soweit: Meine damalige Kollegin sagte ganz selbstverständlich: dann halten wir einen Vortrag! Ups!

Ich gönnte mir ein paar Stunden Sprechtraining. Unseren Hund hat das damals ein wenig gestresst, bestimmt Tonlagen klangen in seinen Ohren wohl eher schräg 😊; mir hat es geholfen, mich sicherer zu fühlen. Alles hat gut geklappt und seitdem habe ich, immer noch mit Lampenfieber, aber ebenso mit Freude, mehrere Vorträge flüssig halten können.

Heute sitzt dieses kleine Teufelchen „es könnte wieder passieren“ zwar immer noch in einer ganz kleinen Ecke meines Gehirns, es schreckt mich aber nicht mehr sehr. Selbst wenn es so wäre, könnte ich heute anders damit umgehen. Das heißt, die Angst vor der Angst ist nicht mehr da und das fühlt sich sehr befreiend an.

Was kannst du tun, um dich sicherer zu fühlen?

Was ist Angst?

Alle Menschen kennen Angst. Angst ist eine der 6 Grundemotionen. Sie warnt dich vor Gefahr im gegenwärtigen Moment und versorgt dich mit Energie, um dich in Sicherheit zu bringen: die Straßenseite wechseln, wenn dir eine dunkle Gestalt entgegenkommmt oder bei Brandgeruch, der dir in die Nase steigt, nachschauen und ggf. die Feuerwehr rufen. Diese Angst legt sich wieder, sobald die Gefahr vorüber ist.

Im Englischen gibt es unterschiedliche Wörter für die Angst vor einer konkreten Bedrohung im Hier und Jetzt, fear, und einer anhaltenden Angst, anxiety. Im Deutschen wird beides als Angst bezeichnet.

Die anxiety Angst ist oft übermäßig. Sorgen um Ereignisse in der Zukunft oder Grübeln über die Vergangenheit erschaffen ein Gedankenkarussell, das den Alltag massiv beeinträchtigen kann.

Dabei verknüpft dein Gehirn gerne bestimmte Erfahrungen, die als gefährlich abgespeichert wurden mit aktuellen Situationen. Stell dir vor, du hattest einen Unfall mit einem roten Auto. 4 Wochen später siehst du bei einem Stadtbummel ein Schaufenster mit roten Kleidern und bekommst aus dem Nichts eine Panikattacke. Oder du entwickelst Ängste vor sozialen Kontakten, weil du in deiner Kindheit Ablehnung oder Beschämung erfahren hast. Bestimmte Situationen triggern die frühe Erfahrung und dein Körper reagiert darauf mit Angst, obwohl du heute ganz andere Kapazitäten hast.

Dein Verstand und dein Körper helfen dir, Ängste und Panikattacken zu bewältigen

Um Ängste und Panikattacken zu bewältigen, ist es am erfolgversprechendsten, verschiedene Strukturen deines Gehirns anzusprechen: Dein kognitives Gehirn, also deinen Verstand, ebenso wie dein Reptiliengehirn mit deinem autonomen Nervensystem, das über Körperempfindungen kommuniziert.

  • Dein Verstand hilft dir, Ursachen und Zusammenhänge zu erkennen und Bewältigungsstrategien zu entwickeln. In der Therapie spricht man hier auch von einem Top-down Ansatz, quasi von oben (Kopf) nach unten in den Körper. Durch kognitive Aha-Momente und Strategien fühlst du dich weniger hilflos. Sie tragen zur Entspannung bei und bewirken so eine Veränderung im Körper und auf der Gefühlsebene.
  • Verstehen alleine reicht oft nicht aus. Bei großem Stress ist dein Verstand auch in gewisser Weise offline und dein Körper reagiert automatisch so, wie er es gelernt hat. Hilfreich sind hier körperorientierte, sogenannte bottom-up-Ansätze. Diese somatischen Ansätze kommunizieren mit deinem Reptiliengehirn und führen zur Beruhigung deines autonomen Nervensystems. Diese Beruhigung im Körper verändert wiederum Emotionen und Gedanken.

16 Impulse: Wie eine neue Perspektive auf die Angst helfen kann, besser damit zu sein

Lass dich auf jeden Fall beim Arzt durchchecken, um organische Erkrankungen auszuschließen. Herzrasen, Zittern, Schwindel oder Schweißausbrüche fühlen sich sehr bedrohlich an. Wenn du abgeklärt hast, dass organisch alles in Ordnung ist, hilft dir das, dich von diesen körperlichen Symptomen nicht noch mehr in die Angstspirale treiben zu lassen.

  1. Mach dir klar, dass Symptome wie Herzrasen, Zittern, Schwindel, Schweißausbrüche oder Magen- /Darmprobleme die normale Folge einer starken Stressreaktion sind.
  2. Mach einen Realitätscheck: Besteht im Hier und Jetzt eine Bedrohung?
  3. Identifizier dich nicht mit der Angst: sag dir nicht „Ich habe Angst“, sondern „da ist gerade Angst“ oder „das sind Angstsymptome“. Damit bringst du eine Distanz zwischen dich und die Angst. Spürst du den Unterschied?
  4. Angst vor der Angst verstärkt deine Symptome. Versuche so weit es geht zu aktzeptieren, dass gerade Angst da ist.
  5. Mach dir immer wieder bewusst, dass Angst erstmal nur eine Emotion ist und Emotionen gehen vorüber. Die Angst geht vorüber, auch wenn es sich gerade furchtbar anfühlt
  6. Achte darauf, wie deine Gedanken deine Angst füttern: kreisen sie um Vergangenes oder sorgst du dich um Zukünftiges? Welche Gedanken lösen die Ängste aus?
  7. Glaub nicht alles was du denkst!
  8. Gedanken umformulieren: statt „das wird nie besser“ sag dir „ich denke, dass es nie besser wird“ oder „ich habe den Gedanken, dass es nie besser wird“. Kannst du wahrnehmen, dass das einen Unterschied macht?
  9. Überprüfe deine Bewertung! Wie und was denkst du über die Angst? Ist sie ein leidiges Übel und du möchstest sei einfach nur loswerden?
  10. Gegen die Angst anzukämpfen erhöht den Stress im Körper.
  11. Dein Körper möchte dich schützen und ist nicht gegen dich, auch wenn sich das so anfühlen mag.
  12. Dein Körper möchte dir etwas mitteilen. Er fühlt sich erst recht bedroht, wenn du seine Warnungen ignorierst und legt dann womöglich noch ein Schippchen drauf.
  13. Für dein autonomes Nervensystem geht es immer nur um Dein Überleben, nicht darum, dass du glücklich bist.
  14. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Ängste anzunehmen und dasein zu lassen ein richtiger erster Schritt ist.
  15. Bei starken Ängsten oder gar Panikattacken hast du keinen Zugriff mehr auf deinen Verstand. Deshalb schreib dir hilfreiche Techniken / Tools auf einen Zettel, damit du dich im Notfall an sie erinnerst.
  16. Sprich mit deiner PartnerIn, Familie / Freunde darüber, was sie sagen oder wie sie dich unterstützen können: z. B. „das ist jetzt eine Panikattacke, die geht vorüber“ oder „atme langsam aus“. Oft sind Angehörige überfordert und ihr Stress verstärkt wiederum deine Ängste.

Mechanismen zu verstehen und einzuordnen, eine Strategie zu entwickeln gibt dir Orientierung. Du erkennst, wie du für dich sorgen kannst und das gibt wiederum deinem Reptiliengehirn Sicherheit. Es holt dich aus der Hilflosigkeit und gibt dir Selbstwirksamkeit und Selbstkompetenz zurück. Die Angst vor der Angst lässt nach, du traust dir wieder mehr zu.

24 Tipps: Wie dein Körper dir helfen kann, Ängste zu überwinden

Meistens reicht es nicht aus, Zusammenhänge oder Ursachen zu verstehen. Dein Körper, genauer gesagt dein autonomes Nervensystem, darf lernen, dass es sicher ist. Das erreichst du u. a. dadurch, dass du deine Körperempfindungen erkundest und dich Momente von Sicherheit bewusst spüren lässt.

Akute Hilfe für dein autonomes Nervensystem bei Angst und Panik

  1. Verlängere deine Ausatmung: z. B. zähl bis 4 beim Einatmen und bis 8 beim Ausatmen
  2. Puste beim Ausatmen die Luft wie durch einen Strohhalm aus.
  3. Orientier dich im Raum und dreh deinen Kopf von rechts nach links; schau dich bewusst um.
  4. Nutze verschiedene Sinneseindrücke um im Hier um Jetzt zu bleiben: sehen, hören, riechen, spüren, tasten!
  5. Was siehst du? Zähl für dich selbst auf, was du siehst, so detailliert wie möglich: einen Tisch, eine Tischdecke, eine Vase, einen Schrank, ein Auto usw.
  6. Was hörst du? Musik? Verkehrslärm? Vorgelgezwitscher? Stimmen? Zähle auf, was du alles hörst.
  7. Was riechst du? Orangen? Parfüm? Halte evtl. ein Duftöl bereit.
  8. Was spürst du? z. B. kaltes Wasser, halte deine Hände unter den Wasserhahn oder spritz dir kaltes Wasser ins Gesicht.
  9. Nimm einen Noppenball in die Hand, öffne und schließe deine Hand und spüre wie sich die Noppen leicht in die Handfläche drücken.
  10. Was schmeckst du? Es gibt z. B. Chili-Gummibärchen
  11. Klopf deine Arme und Beine ab und spüre deinen Körper.
  12. Beweg dich: tanzen, hüpfen, schütteln
  13. Sing laut deine Lieblingssongs mit
  14. Drück deine Angst aus, d. h. mach laute entsprechende Töne: uahhhh

Langfristige Unterstützung für dein autonomes Nervensystem bei Angst und Panik

  1. Finde heraus, was dich beruhigt und sicher fühlen lässt, integriere mehr davon in deinen Alltag und erkunde, wie sich dein Körper dann anfühlt. Vielleicht leicht oder offen oder durchlässig? Du kannst befreit in den Bauch atmen? Genieße dieses Körpergefühl für ein paar Sekunden.
  2. Feiere deine Erfolge: lass dich spüren, wenn etwas gut geklappt hat. Wie nimmst du deinen Körper wahr, wenn du an einen Erfolg denkst?
  3. Lerne, die Ängste zuzulassen und erlaub dir sie zu fühlen. Angst ist nur eine Emotion.
  4. Spüre nach, wie sich dein Körper anfühlt, wenn Angst da ist: z. B. flacher Atem, Druck auf der Brust etc.
  5. Wenn es nicht zu herausfordernd ist, dann bleib einen Augenblick bei diesen körperlichen Empfindungen von Enge oder Druck
  6. Bewerte die Empfindungen nicht, sondern beobachte sie mit Neugier.
  7. Nimm wahr, wie sie sich nach kurzer Zeit wieder verändern.
  8. Richte dich immer wieder bewusst auf, lass deine Schultern sich ablegen und spür den Kontakt deiner Füße zum Boden. Deine Körperhaltung wirkt sich aus auf deine Emotionen.
  9. Berührung beruhigt das Nervensystem. Du kannst dir selbst die Hände z. B. auf Brust und Bauch legen oder an die jeweils gegenseitigen Oberarme. Wie fühlst du dich dabei?
  10. Vielen Menschen geht es ebenso wie dir. Kontakt zu anderen Betroffenen hilft, offen über deine Gefühle zu sprechen und die Scham abzulegen.

Fazit: Du kannst etwas tun gegen Ängste und Panikattacken!

Immer mehr Menschen leiden unter Ängsten und Panikattacken. Bei allem was in der Welt gerade los ist, ist das nicht verwunderlich. Je weniger sicher deine Kindheit war, desto schwieriger ist es für dein Nervensystem, neue Herausforderungen zu bewältigen.

Ich hoffe, du findest in diesem Blogbeitrag Tipps oder Anregungen, die dir helfen, aus einer anderen Perspektive auf deine Ängste zu schauen und sie zu lindern. Meine Herzensempfehlung ist, für dein Nervensystem du sorgen, indem du dich immer wieder kleine Momente von Sicherheit bewusst körperlich spüren lässt.

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Stefanie Wittiber-Schmidt

Heilpraktikerin, Somatic Experiencing, Rolfing Strukturelle Integration, Integrale Somatische Psychologie

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