Mein großes Glück ist, dass ich von meinem beruflichen Wissen auch persönlich profitiere. Wenn ich gestresst, traurig oder ängstlich bin, kann ich beispielsweise auf Übungen zurückgreifen, die mir helfen, mich zeitnah zu regulieren oder ich kann mir die Zeit nehmen, meinen Emotionen im Körper nachzuspüren. Ebenso habe ich über die Jahre Meditation und einige buddhistische Prinzipien als sehr hilfreich schätzen gelernt.
Zu diesem Blogartikel inspiriert hat mich die Blogparade von Silke Geissen. Hier kannst du ihren eigenen Text lesen. Interessante Beiträge anderer Frauen findest du unter diesem Einladungslink.
Das autonome Nervensystem regulieren
Besonders gut – und schnell – wirkt bei mir die bilaterale Stimulation des Gehirns. Dabei klopfst du mehrfach abwechselnd mit deinen Händen auf den jeweils gegenseitigen Oberarm oder die Schulter. Also, linke Hand klopft auf den rechten Oberarm und die rechte Hand klopft links. Das mache ich etwa für eine Minute.
Neurophysiologisch hilft es, beide Gehirnhälften zu aktivieren. Mein Körper hat inzwischen so gut gelernt darauf zu reagieren, dass ich sofort gähne, kaum fange ich an zu klopfen. Ein tiefer Atemzug lässt dann auch nicht mehr lange auf sich warten und ich fühle mich sofort ruhiger. In meinem Blogartikel über die Polyvagaltheorie findest du einige weitere Übungen zur Beruhigung des Nervensystems, wenn dich das interessiert.
Emotionen im Körper spüren und ausdehnen
Nicht immer, aber doch recht regelmäßig, nehme ich mir die Zeit, bewusst in meinen Körper reinzuhorchen, wenn ich traurig oder ängstlich bin. Was nehme ich wahr? Wo spüre ich die Emotion? Oft findet sie sich als Enge oder Anspannung in meiner Brust, im Bauch oder im Kiefer.
Ich versuche dann bewusst, sie auszudehnen, um sie etwa im ganzen Brustkorb oder sogar bis in die Beine hinein wahrzunehmen. Energie folgt der Aufmerksamkeit. Es ist möglich, die Empfindung der Enge zu erweitern. Hilfreich ist es, eine Hand auf die Stelle zu legen, zu der hin die Emotion sich verteilen darf.
Das Verteilen mindert die Intensität der Emotion und sie wandelt sich nach einer Weile. Manchmal ist es dann wieder gut, ein anderes Mal zumindest besser. Zu wissen, das ich nichts unterdrückt habe, gibt mir zusätzlich ein gutes Gefühl.
Meditation und Buddhistische Weisheiten
Seit einigen Jahren meditiere ich – mal mehr, mal weniger regelmäßig. Dass Meditieren viele gute Wirkungen hat, ist ja durch unzählige Studien ausreichend belegt. Gerne mag ich geführte Meditationen, die unterschiedlichste, hilfreiche Impulse geben, entspannende Bodyscans, bei denen du gedanklich mehr oder weniger ausführlich durch deinen Körper gehst und am allerliebsten ist mir die Meditation der liebenden Güte.
Darüber hinaus habe ich im Laufe der Zeit verschiedene buddhistische Einsichten als für mich sehr wertvoll kennengelernt, z. B. das Bewusstsein für Vergänglichkeit und Veränderung und das Gleichnis vom zweiten Pfeil.
Impermanence / Veränderung
„Nichts ist so beständig wie der Wandel“ hat schon Heraklit gesagt. Es hilft mir, mich in herausfordernden Momenten daran zu erinnern, dass eine schwierige Situation nicht dauerhaft so bleiben wird. Möglicherweise wird sie nicht wieder völlig gut, aber sie kann immer wieder leichter werden.
Dieses Verständnis ermöglicht mir auch, nicht sofort zu reagieren oder aktiv zu werden, sondern erstmal abzuwarten. Das macht ja sowieso Sinn, denn je aufgeregter wir sind, desto mehr sitzen unsere Emotionen am Steuer und verleiten uns gerne zu unüberlegten Handlungen. Unser Verstand pausiert derweil auf dem Rücksitz.
Auch in der Praxis erlebe ich regelmäßig, dass Klientinnen, die sich mutig schwierigen Erinnerungen und Emotionen zuwenden und ihnen im Körper nachspüren, nach einer Weile wie von alleine in einen regulierteren Zustand finden. Die Veränderung des körperlichen Zustands ebnet den Weg für andere Emotionen, neue Gedanken und neuen Perspektiven. Gefühle von Selbstwirksamkeit werden möglich. Peter Levine spricht hier vom Prinzip des Pendelns.
Das Gleichnis vom zweiten Pfeil
Kennst du das Gleichnis vom zweiten Pfeil? Ich mag es sehr!
Der erste Pfeil, der dich trifft, steht für das, was im Leben passieren kann: ein Unfall, ein Verlust oder eine Krankheit. Darauf hast du keinen Einfluss.
Den zweiten Pfeil dagegen schießt du selbst ab und verstärkst dadurch dein Leiden. Der zweite Pfeil symbolisiert deine Gedanken und deine Bewertung der Situation. Verlierst du dich darin, wie schrecklich alles ist, macht es das noch schlimmer. Eine ähnliche Botschaft steckt in dem bekannten Zitat von Michel de Montaigne:
Mein Leben war voller schrecklicher Unglücke, von denen die meisten nie eingetreten sind.
Ich übe mich darin, mich zu ertappen und zu stoppen, wenn meine Gedanken losgaloppieren. Das gelingt nicht immer, aber manchmal schon und dann empfinde ich sofort Erleichterung. Im jeweiligen Moment zu bleiben hilft mir, keinen düsteren Zukunftsphantasien nachzuhängen. Stattdessen sage ich mir innerlich: „Jetzt gerade ist es so und so“ oder „jetzt gerade fühle ich Ärger, Trauer, Angst.“
Damit komme ich in eine Akzeptanz der gegenwärtigen Situation und des gegenwärtigen Zustands, ohne sie / ihn sofort wegmachen zu müssen. Es darf – im Moment – so sein. Ich erkenne, dass ich ja nicht weiss wie es morgen ist. Mich erleichtert das.
Meditation der liebenden Güte
Meine Lieblings-Mediation ist die Meditation der liebenden Güte. Ich empfinde sie als ungeheuer tröstlich. Es geht darum, dir selbst, anderen und schließlich allen Lebenwesen freundlich zu begegnen und Gutes zu wünschen.
Klassische Sätze, die du individuell abgewandeln kannst, sind:
- Möge ich glücklich sein. / Mögest du glücklich sein.
- Möge ich gesund sein. / Mögest du gesund sein.
- Möge ich sicher und geborgen sein. / Mögest du sicher und geborgen sein.
- Möge ich in Frieden leben. / Mögest du in Frieden leben.
Am liebsten höre ich die angeleiteten Meditationen von Christopher Germer. Wenn du das mal ausprobieren möchtest – zu den kostenlosen Aufnahmen kommst du hier. Die Meditation der liebenden Güte spielt eine zentrale Rolle im Mindful Selfcompassion (MSC) Programm von Christopher Germer und Kristin Neff. Dr. Neff hat wissenschaftlich erforscht, dass Selbstmitgefühl keine Schwäche, sondern eine Ressource ist, die Heilung und Resilienz fördert.
Kirsten Tofahrn in Köln hat im Rahmen ihrer MBSR-Kurse (Kurse zur Stressbewältigung) ebenfalls Meditationen aufgenommen, die du hier kostenlos anhören kannst.
Stress und Widrigkeiten gehören zum Leben
Ich bin froh, dass ich in den vergangenen, ich sag mal 25 Jahren, viel über den Umgang mit Stress und Belastungen gelernt habe, sowohl in der Theorie als auch praktisch erfahren. Dankbar bin ich darüber hinaus für Familie und Freunde, auf die ich in schwierigen Momenten zählen kann.
Was hilft dir, mit belastenden Situationen umzugehen? Was machst du, wenn es dir nicht gut geht? Schreib es gerne als Kommentar!
2 Gedanken zu „Was mir hilft, wenn es mir emotional nicht gut geht“
Liebe Stefanie,
wie schön und wie überraschend, dass du einen so reichhaltigen und heilsamen Artikel zu meiner Blogparade geschrieben hast; ich bin sehr begeistert! Gerade fiel mir auf, dass ich meine Freude bisher nur auf meinem eigenen Blog und im Newsletter kundgetan habe, aber noch nicht hier. Das will ich mal gleich nachholen.
Als ich vom Klopfen zur Selbstregulierung las, fing ich sofort damit an. Für manche hilfreichen Dinge brauche ich immer mal einen Stupser, weil sie trotz aller Nützlichkeit im Alltagsgewusel verlorengehen. Danke dafür. Und das wunderbare Zitat von Michel de Montaigne, das so wahr ist! Der zweite Pfeil hat es mir auch sehr angetan. Vielen herzlichen Dank für deinen so schönen Artikel!
Und danke für die vielen Links zu Meditationsmenschen, die werde ich der Reihe nach durchtesten. Ich mag nämlich sehr gern angeleitete Meditationen, kann aber die wenigsten Stimmen gut aushalten.
Eine wahre Schatzkiste hast du der Welt damit geschenkt!
Ich wünsche dir immer und weiterhin viel Freude bei deiner so wertvollen Arbeit.
Ganz liebe Grüße
Silke
Liebe Silke,
mein ganz herzliches Dankeschön für deinen wertschätzenden Kommentar! Ich freue mich sehr, wenn mein Artikel dich inspirieren konnte. Ja, mit den Stimmen ist das immer so eine Sache. Das kenne ich auch. Hoffentlich ist etwas für dich dabei.
Liebe Grüße nach Hamburg
Stefanie