Wie geht es dir wirklich?

Dein Körper weiss genau, wie es dir geht. Bist du in Verbindung mit dir selber und kannst deinen Körper spüren?

Die Idee, bei Anette Schades Blogparade „Wie geht es dir wirklich?“ mitzumachen, entstand gestern spontan, als ich genau den gleichen Satz „Wie geht es dir wirklich?“ in einem Buch über den „Felt Sense“ gelesen habe. Der Titel dieses Buches lautet „Dein Körper gibt die Antwort“ von David Rome.

Der „Felt Sense“ ist unser Körperwissen und ich gehe später noch genauer darauf ein.

7 Gründe, nicht ehrlich auf die Frage „Wie geht es Dir?“ zu antworten

Wir kennen das alle, dass wir auf die floskelhafte Frage „Wie geht es Dir?“ genauso floskelhaft „gut“ antworten.

  • Das mag daran liegen, dass diese Frage wirklich nur als Floskel gemeint war und eine ehrliche oder ausführliche Antwort gar nicht erwartet wird.
  • Das mag auch daran liegen, dass du dich in Gegenwart deines Gegenübers nicht sicher genug fühlst, um ihr ehrlich zu sagen, wie es dir geht.
  • Interessiert sie sich wirklich für das, was du zu sagen hast?
  • Hört sie wirklich zu oder formuliert sie im Geiste schon ihre eigenen Themen, während du noch sprichst?
  • Kann sie dir mit Mitgefühl begegnen, wenn du dich verletzlich zeigst, oder gibt sie nur „gute Ratschläge“?
  • Kannst du dich auf ihre Verschwiegenheit verlassen?
  • Welche Erfahrung hast du bisher in deinem Leben gemacht, wenn du dich geöffnet hast?

All das mag dich davon abhalten, ehrlich und offen zu antworten. Aber was ist, wenn dir selber gar nicht so klar ist, wie es dir eigentlich geht?

Bist du dir selber im klaren, wie es dir geht?

Vielleicht hast du dich an deinen inneren angespannten Zustand schon so gewöhnt hast, dass du gar nicht mehr merkst, wie belastet du eigentlich bist? Oder du musstest schon als Kind lernen, deine wahren Gefühle nicht zu zeigen, weil sie in deiner Familie unerwünscht waren?

Es ist auch gar nicht so einfach, mit sich selbst ehrlich zu sein. Würdest du beispielsweise vor dir selbst zugeben „ich fühle mich gerade einsam“, dann müsstest du die Einsamkeit in dem Augenblick ja auch wahrnehmen und spüren, und das ist unangenehm.

Es gibt in uns allen eine innere Tendenz, Unangenehmes zu vermeiden. Freud nannte das das „Lust-Prinzip“. Wenn wir uns unbehaglich fühlen, sind wir eher nicht bereit, da mal genauer hinzuschauen und hinzuspüren.

Vielmehr sind wir super darin, uns abzulenken: wir verweilen stundenlang in den sozialen Medien, inhalieren Serien bei Netflix, wir lenken uns ab mit Essen, Trinken, Rauchen, Sex, vielleicht mit übermäßigem Sport oder noch mehr Arbeit. Das gibt uns erstmal eine gewisse Stabilität und dann machen wir weiter wie gehabt.

Waren deine Gefühle in deiner Kindheit willkommen?

Vielleicht musstest du schon in der Kindheit lernen, dass für deine Gefühle und Bedürfnisse kein Platz ist. Als Konsequenz daraus verlernst du, sie überhaupt wahrzunehmen. Du lernst, sie nicht spüren zu müssen, alles andere wäre zu schmerzhaft.

Dieser Mechanismus ist eine Schutzreaktion deines Körpers, deines autonomen Nervensystems. Du bist dann wie betäubt oder erstarrt. Dieser Überlebensmechanismus ermöglicht dir, in Momenten großer emotionaler oder körperlicher Not, nichts fühlen zu müssen. Hast du das als Kind gut gelernt, führst du diese Strategie – unbewusst – als Erwachsene weiter.

Ich erlebe es nicht selten in der Praxis, dass Menschen ihre Erfahrungen und ihr Leid relativieren. „So schlimm war es ja gar nicht.“  „Jemand anderes hatte es viel schlimmer.“

Aber Leid ist Leid und lässt sich nicht vergleichen.

Dein Felt Sense hilft dir herauszufinden, wie es dir wirklich geht!

Eine Möglichkeit herauszufinden, was denn wirklich gerade mit dir los ist, bietet dein Felt Sense. Übersetzt bedeutet felt sense „gefühlte Bedeutung“. Sicher kennst du Momente, in denen du so ein vages Gefühl hattest, dass etwas richtig ist oder auch vielleicht ein vages, mulmiges Gefühl. Diesen vagen Gefühlen Raum geben, kann Einsichten oder Emotionen aus tieferen Schichten einladen.

Die Frage „Wie geht es Dir?“ beantworten wir meistens mit dem Verstand. Würdest du deinen Körper fragen, gäbe der vielleicht eine andere Anwort.

Übung zum Felt Sense

Vielleicht hast du Lust auf eine kleine Übung? Such dir ein ruhiges Plätzchen, mach es dir bequem und spür mal, wie sich dein Körper jetzt gerade anfühlt. Was nimmst du wahr? Fühlt er sich eher angenehm oder eher unangenehm an? Entspannt oder angespannt? Spürst du deine Füße auf dem Boden? Wie fließt dein Atem? Tief und frei oder eher flach und beengt? Gib dir Zeit, dass sich Empfindungen zeigen können.

Und wenn du so eine Körperempfindung spürst – sagen wir mal eine Enge in der Brust – dann lass diese Empfindung einfach mal da sein. Bleib mit deiner Aufmerksamkeit da, ohne sie zu bewerten oder wegmachen zu wollen. Sei neugierig, was als nächstes passiert. Bleibt die Empfindung gleich? Wird sie stärker oder schwächer oder wird sie zu etwas anderem? Vielleicht passiert gar nichts weiter und vielleicht tauchen Gedanken oder Bilder oder Emotionen auf und du bemerkst, dass sich hinter deiner Unruhe eigentlich Angst verbirgt, oder Trauer oder Zorn.

Dieses Reinspüren ist nicht einfach, aber man kann es üben, den Felt Sense deutlicher wahrzunehmen. Sei liebevoll mit dir und erlaube dir, dich behutsam ranzutasten und die Übung abzubrechen, wenn sie sich nicht richtig anfühlt.

Fazit

Die Frage „Wie geht es Dir?“ ehrlich zu beanworten ist also aus verschiedenen Gründen gar nicht so einfach. Ehrlich gemeint ist sie eine wunderbare Einladung und Gelegenheit, mit deinem Gegenüber auf einer tieferen Ebene in Kontakt zu kommen und sich verbunden zu fühlen.

Vielleicht hast Du ja Lust, die Übung einmal auszuprobieren. Ich bin sehr gespannt zu hören, welche Erfahrungen du gemacht hast und ich möchte sehr gerne wissen, wie es dir damit geht. Wenn Du magst, schreib mir eine E-Mail!

Danke liebe Anette für die Gelegenheit, über diese deine Frage einmal etwas anders nachdenken zu können.

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Stefanie Wittiber-Schmidt

Heilpraktikerin, Somatic Experiencing, Rolfing Strukturelle Integration, Integrale Somatische Psychologie

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4 Kommentare zu „Wie geht es dir wirklich?“

  1. Liebe Stefanie,

    danke für diesen Einblick – der Begriff Felt Sense war mir ganz unbekannt, aber die Übung hat mir gut gefallen. Hast Du einen Tipp, wo ich noch mehr über den Felt Sense erfahren kann?

    Ich habe Dich übrigens über die Blogparade von Annette gefunden. In meinem Artikel geht es auch darum, dass es manchmal schwierig ist, auf die Frage „Wie geht es dir?“ ehrlich zu antworten 🙂

    Viele liebe Grüße
    Paula

    1. Liebe Paula, danke für Deine Nachricht. Ich lese gerade: Dein Körper gibt die Antwort von David Rome. Der Begriff „Felt Sense“ kommt aus dem Focusing, ich kenne ihn aber durch meine eigenen Ausbildung in Somatic Experiencing, einer körperorienterten Traumatherapie. Schlussendlich geht es um unser Körperwissen, um das implizite Wissen, das wir alle haben, das wir kognitiv aber nicht abrufen können. Wir können damit in Kontakt kommen, wenn wir uns auf unsere Körperempfindungen einlassen und neugierig mit dem sind, was sich da zeigt.

      Deinen Artikel werde ich gleich auch mal lesen!

      Liebe Grüße Stefanie

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